Peter Clementsen
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Zur Frage der verschiedenen wohltemperierten Stimmungen

Zum Charakter der Tonarten

Es wird oft behauptet, die Tonarten klängen auch bei der gleichstufigen Stimmung unterschiedlich, was ich weder praktisch bestätigen noch logisch nachvollziehen kann. Die einzige logische Erklärung dafür, die ich bisher gefunden habe, kommt von Maria Renold: dass man sich an die Tonhöhe – C-Dur als den normalen Klang ohne Vorzeichen – gewöhnt hat. Bestätigen kann ich, dass es nach häufigem Hören in einer Tonart auffällt, wenn das Stück mehrere Halbtöne höher oder tiefer gespielt wird. Das hat aber mit dem Charakter der Tonarten nichts zu tun. Neueste Forschungen zum absoluten Gehör scheinen zu bestätigen, dass wohl jeder Mensch ein Gedächtnis für die absolute Tonhöhe hat.

„ Absolutes Gehör, Ursprung: Medizinische Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass fast allen Menschen die Fähigkeit, ein absolutes Gehör zu entwickeln, angeboren ist. So hören Neugeborene und Kleinkinder sehr häufig absolut. Die meisten Menschen verlieren diese Fähigkeit aber im Laufe ihres Lebens, sofern sie nicht regelmäßig benutzt wird. Viele Komponisten und Musiker besitzen ein absolutes Gehör. So wird beispielsweise Mozart, Bach, Händel, Chopin und Beethoven in jüngeren Jahren diese Fähigkeit nachgesagt. Es wird angenommen, dass sie ihr absolutes Gehör entweder durch frühkindlichen Kontakt mit Musik im Elternhaus erlangt haben, oder - so eine alternative Grundannahme - die Fähigkeit des angeborenen Potentials zum Absoluthören durch die regelmäßige Wahrnehmung familiär genutzter, gestimmter Musikinstrumente gar nicht erst eingebüßt haben, wobei hier weiterhin allgemein angenommen wird, dass der in den ersten drei bis fünf Lebensjahren gebildete Vorrat an bewusst erkennbaren und daher eigenständig interpretierbaren Phonemen und Tonemen in der Phase der frühkindlichen Sprachentwicklung durch parallel stattfindendes, regelmäßiges Musiktraining langfristig um den musikalischen Tonvorrat im Sinne eines verlässlichen Tongedächtnisses erweiterbar ist. Für letztere Annahme spricht das besonders häufig vorkommende Absolute Gehör bei Kindern, deren Muttersprachen einen besonders hohen melodischen Anteil zur Wortsinn-Unterscheidung aufweisen (zum Beispiel in afrikanischen und chinesischen Sprachen, siehe nächster Absatz). Letztere Thesen erklären jedoch noch nicht ausreichend, wieso Kinder, welche keinerlei musikalische Früherziehung genossen haben und welche zudem eine der weniger melodisch-harmonisch interpretierenden Muttersprachen erlernt haben, dennoch ein stabiles Absolutes Gehör besitzen können. Hier wird zur Zeit in den Neurowissenschaften angenommen, dass viele Absoluthörer möglicherweise in einem relativ weiten Spektrum zwischen Absolutem Gehör (Tonerkennung ohne Referenzton) und Relativem Gehör (Tonerkennung mit Referenzton) hören, jedoch nur wenige Personen über das genuin veranlagte, nicht durch Training beeinflussbare Absolute Gehör verfügen würden, da nur bei jenen die Gehirnstrukturen im Planum Temporale des Lobus Temporalis in der linken Gehirnhälfte während des Hörens nachweislich aktiviert seien (was wiederum einen eigenständigen Fragebezug zu einer weiteren, besonderen, noch nicht hinreichend differenzierten, genetischen Veranlagung eröffnet). Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass das genuine Absolute Gehör sich im Verlauf des Lebens bei vielen Absoluthörern in Richtung des Relativen Gehörs wandeln oder daraufhin erweitern könnte. Alle bisherigen, singulären Erklärungsansätze verweisen jedenfalls insgesamt auf phänomenologisch komplexe Entstehungsbedingungen für ein späteres, lebenslanges Vorhandensein des Absoluten Gehörs. Zum Beispiel kann ein Kind, dem eine bestimmte Melodie stets in der gleichen Tonart zu Gehör gebracht wird, eher ein absolutes Gehör entwickeln, als wenn ihm eine Melodie immer wieder in einer anderen Tonart zu Gehör gebracht wird. Drei- bis Vierjährige sind eher als ältere Kinder dazu in der Lage, eine Melodie, die sie eine Woche zuvor gelernt haben, in der richtigen Tonlage nachzusingen - wenn auch häufig mit falschen Tonrelationen. In diesem Alter konzentrieren sich Kinder mehr auf die Tonhöhe der Musik, während ältere Kinder eher auf harmonische, melodische und rhythmische Aspekte achten. Deshalb kann die frühzeitige und intensive Beschäftigung mit Musikinstrumenten mit fester Tonhöhe die Entwicklung eines absoluten Gehörs fördern: Kinder, die im Alter von drei Jahren bereits ein Instrument spielen gelernt haben, hören sehr viel häufiger absolut. Viele Musiker erleben im hohen Alter zunehmende Schwierigkeiten bei der Nutzung ihres bislang stabilen Absoluten Gehörs, sie interpretieren die gehörten Töne höher, als diese tatsächlich erklingen. Dies ist aber wahrscheinlich weniger der im hohen Alter ohnehin bei sehr vielen Menschen allgemein nachlassenden, kognitiven Leistungsfähigkeit geschuldet, sondern soll vor allem auf einer Zunahme der Elastizität der Basilarmembran innerhalb der Hörschnecke beruhen, was dazu führen würde, dass die tonale Gedächtnisreferenz sich als Ganzes um bis zu einen Halbton nach oben verschieben könnte, ohne dass der Hörende diesen Referenz-Unterschied zunächst an sich selbst wahrnähme.

Verbreitung

„Das absolute Gehör ist bei musikalischen Laien angeblich sehr selten. Es soll etwa bei jedem neun- bis zehntausendsten Deutschen vorliegen. Diese Zahl erscheint allerdings zweifelhaft, denn allein schon unter den Berufsmusikern sollen zehn Prozent Absoluthörer sein. Noch häufiger ist die Fähigkeit des absoluten Hörens bei Personen zu finden, die von Geburt an blind sind: Jede zweite von ihnen verfügt über diese Fähigkeit.

„Die Musikpsychologin Diana Deutsch konnte zeigen, dass die Sprecher von Tonsprachen sehr viel häufiger ein absolutes Gehör besitzen: So zeigt eine Untersuchung in den USA, dass 52 Prozent der chinesischen Musikstudenten "absolut" hören. Die Ursache liegt vermutlich in den dortigen Landessprachen begründet. In der chinesischen Standardsprache Mandarin variiert die inhaltliche Bedeutung eines Wortes mit der Tonhöhe, in der es ausgesprochen wird. Auf diese Weise wird gleichzeitig mit dem Erlernen der Sprache auch die Erkennung von Tonhöhen trainiert. Diese Beobachtung spricht dafür, dass das absolute Gehör wohl eher angelernt ist und nicht so sehr durch genetische Faktoren bestimmt wird.

„Die Fähigkeit zum absoluten Hören wurde auch bei einigen Tierarten nachgewiesen, darunter Wölfe, Blauwale, Mäuse, Fledermäuse und Vögel. Das Erkennen bestimmter Tonhöhen ermöglicht die Identifikation von Sexualpartnern und Beute. Möglicherweise wird von Blauwalen auch die Bewegungsrichtung der Schallquelle anhand des Dopplereffektes erkannt.

Genauigkeit des absoluten Gehörs

„Bei der Entscheidung, ob ein Mensch absolut hört, spielt die geforderte Genauigkeit der absoluten Hörfähigkeit eine Rolle. So können manche Absoluthörer den richtigen Ton auf wenige Cents genau vorhersagen, während andere lediglich auf einen Halbton (hundert Cents) genau hören. Diese Genauigkeit kann auch durch Training verbessert werden oder sich durch Entwöhnung verschlechtern. In dieser Formulierung verliert streng genommen ein Mensch die Fähigkeit des absoluten Gehörs also nicht, sondern lässt sie lediglich sehr ungenau werden, so dass sie keine musikalische Relevanz mehr besitzt.“(aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Absolutes_Gehör)